Prokrastination: Dieser Text Hätte Vor Knapp Zwei Jahren Erscheinen Sollen | ZEIT ONLINE

Manchmal frage ich mich, ob ich ohne diese Prokrastinationsspiralen produktiver wäre. Erfolgreicher. Ausgeglichener. Oder ob gerade dieses Hadern, dieses ewige Ringen mit mir selbst, nicht auch eine Form von Qualitätskontrolle ist. Ob nicht gerade die Deadline – dieser Sonnenuntergang der Arbeitswelt – eine Art kreatives Momentum erzeugt, das ander

. Von außen mag es aussehen, als würde man sich mit Netflix ablenken, dabei läuft innerlich ein ganz anderer Film. Denn Prokrastination ist keineswegs einfach nur Faulheit oder mangelnde Selbstdisziplin oder schlechtes Umgehen mit der Zeit, auch wenn ich mir das sogar selbst vorwerfe: Die Wissenschaft widerspricht eindeutig.

"Es gibt keine über

Neurowissenschaftler haben mittlerweile gezeigt, dass bei chronischen Prokrastinierern tatsächlich eine veränderte Hirnaktivität im präfrontalen Kortex – dem Bereich für Selbstkontrolle und Planung – messbar ist. Das macht Prokrastination zu einem neurobiologischen und nicht nur zu einem Willensproblem.

Der Psychologe und Forscher Timothy Pychyl, inzwischen im Ruhestand, beschreibt Prokrastination als "emotion-focused coping": Indem wir Aufgaben aufschieben, vermeiden wir das unangenehme Gefühl, mit einer potenziell schwierigen Herausforderung konfrontiert zu sein – und unter Umständen zu scheitern.

Dieser Text hätte vor knapp zwei Jahren erscheinen sollen. Zeit genug hatte ich, aber das ist das Problem mit genug Zeit: Man hat sie auch noch am nächsten Tag. Und dann kommt das Leben dazwischen, der beste Freund im Krankenhaus, der Bruder wird Vater, und die besten Saugroboter googeln sich nicht von alleine.