Takt: Über Nähe und Distanz im menschlichen Umgang (zu Klampen Essays) (German Edition)
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Takt: Über Nähe und Distanz im menschlichen Umgang (zu Klampen Essays) (German Edition)

Höflichkeit wird zur Kulturleistung dort, wo persönliche Zuneigung fehlt und doch das Selbstgefühl des anderen gestärkt werden soll. Freundlichkeit kennzeichnet eben gerade nicht den Umgang mit Freunden. Sie markiert eine Distanz, die nicht in Desinteresse oder Ablehnung entgleiten soll. Dadurch kann Freundlichkeit wiederum Sympathien erzeugen.
Höflich zu sein bedeutet einen Triumph über den inneren Barbaren.
Konzentrierte Macht fordert ihrer Peripherie ständiges Augenmerk für jegliche Verschiebung in der personellen Konstellation ab.
»Der höfliche Mensch vermeidet es, seinen Fuß auf den Schatten seines Nachbarn zu stellen.« Die Verschonung der Schatten, das darf wohl als zeremonielle Praxis in Vollendung gelten.
Dieser Schein hat nicht die Wahrheit zum Gegensatz, sondern die Rohheit.
Höflichkeit hilft Menschen, eine räumliche Nähe, die nicht durch gewachsene Bande geprägt ist, erträglicher zu machen.
Rituale als symbolische Formen des Handelns schaffen Inseln im Flüchtigen und Zerstreuten.
Ritualisierte Umgangsformen können immerhin wie ein blickdichter Vorhang das hässliche Antlitz der Spezies verbergen. Dieses Spiel wurde und wird mit Vorliebe von nervösen Temperamenten verdorben, die um jeden Preis authentisch wirken wollen. Die höfliche Geste indes kann ehrlich gemeint sein, aber sie muss es nicht. Und genau darin besteht ihre
... See moreEine verwirrte, weil all ihrer Heiligtümer beraubte Menschheit nehme unverhofft an riskanten Blindflugmanövern teil, deren Codewort »Fortschritt« lautet.